Entradikalisiert, harmonisch, gemütlich – Gedanken zur Zukunft der Architektur
von Erich Vogler
Die avantgardistische Moderne habe den Bezug zur Gesellschaft verloren, so die Kritik. Der Mensch und seine Bedürfnisse sollen wieder vermehrt ins Zentrum der Architektur rücken. Doch muss man dafür das Rad der Zeit zurückdrehen? Ein Gedankenanstoss.
Originaler Ausdruck statt persönlicher Stempel
von Dominique Knüsel
Die Schulanlage Röhrliberg in Cham aus den frühen 1970er-Jahren, wurde von Marcel Baumgartner Architekten erweitert, aufgestockt und komplett saniert.
Am Kapellplatz – zurück in die Zukunft?
von Andreas Gervasi und Peter Omachen
Ob der Neubau von Joos & Mathys Architekten ein gelungener Ersatzbau ist, diskutieren die beiden KARTON-Redaktoren, der Architekt Andreas Gervasi und der Obwaldner Denkmalpfleger Peter Omachen. Ein Streitgespräch.
Eine Frage der Zeit
von Raphael Wiprächtiger
Die neue Erscheinung der Alterssiedlung Guggi vermag die zeitliche Zuordnung des Baus zu verwischen und wirft interessante Fragen zur Gestaltung von zeitgenössischer Architektur auf.
Der grosse Block
von Gerold Kunz
Kaum ein Gebäude verkörpert Retro besser, als das von der allgemeinen baugenossenschaft luzern abl initiierte Ersatzneubauvorhaben Himmelrich 3 zwischen Clariden- und Bundesstrasse.
Nachbarschaftlicher Dialog
von Cyrill Chrétien
Die Wohnbauten der Siedlung "Chlihus" zeugen von einer intensiven Bezugnahme zur direkt angrenzenden Siedlung «Schönenboden» aus den frühen 1970er-Jahren.
Funktionalismus, aber menschlich
von Christoph Ramisch, für Denkmalpflege NW
Gleich drei Schulbauten des Luzerner Architekten Emil Jauch versammeln sich rund um den Vierwaldstättersee. Mehr als ihr Standort eint diese Bauten die einfühlsame und menschliche Gestaltung eines humanisierten Funktionalismus.
Die Welt ist noch nicht gemacht
von Eva-Maria Knüsel, Kunstvermittlerin
Simon Ledergerber realisierte mit «Die Welt ist noch nicht gemacht» eine atmosphärische Kunstund- Bau-Intervention im Eingangsbereich des 2020 fertiggestellten SisCampus in Schattdorf, Uri.
White Elephant* – Re-Programming Existing Fabrics
von Dieter Geissbühler und Raphael Wiprächtiger
Transformation eines Sbrinzlagers, Semesterentwurf HSLU T&A.
Gegenüber der Kirche St. Karl an der Reuss lagert in hohen Holzregalen Sbrinz im Wert von 30 Mio. Franken. Die Emmi hat sich vor einigen Jahren entschieden, den Standort an der St. Karli-Brücke zum zentralen Sbrinzlager auszubauen.
Das Vorhandene als Vorlage
von Gerold Kunz
Die Spannweite der in der aktuellen Ausgabe präsentierten Bauten ist gross. Sie reicht vom grossmässstäblichen Block in der Luzerner Innenstadt bis zur intimen Erweiterung einer schützenswerten 1970er-Jahre-Schulanlage, von der Umgestaltung einer grobschlächtigen Alterswohnzeile im historischen Wohnquartier bis zur Nachverdichtung einer Nachkriegssiedlung in der Agglomeration.
Gemeinsam an den Projekten ist das Eingehen auf die Umgebung, in der die Gebäude stehen, so als würde der Ort den Architekt*innen Gestaltungsvorgaben diktieren. Was im innerstädtischen Gebiet naheliegt, wird im aufgelockerten Agglogürtel zum Bekenntnis: Das Vorhandene dient zwingend als Vorlage für den eigenen Entwurf.
Auf den ersten Blick sieht es nach einfachen Rezepturen aus. Man nehme etwas von diesem und etwas von dem. Aus dem Material ergibt sich dann quasi automatisch die richtige Mixtur. Einmal bei der richtigen Temperatur fertig gebacken, lässt sich das Werk einfach nur geniessen.
Was einfach aussieht, stellt hohe Ansprüche an die Planer*innen. Sie stellen ihre eigene Handschrift zugunsten des Ensembles zurück. Sie verzichten auf den singulären Entwurf und betonen die Gemeinsamkeiten. Sie sehen davon ab, allen beweisen zu wollen, dass bisher niemand vom Bauen etwas verstanden hat, und nun endlich der geniale Entwurf die wahre und einzig gültige Baukunst zelebriert.
Doch diese neue Haltung führt auch zu neuen Fragen. Geht es den Planer*innen um eine Tarnung der Neubauten mit Retroarchitektur oder um Empathie gegenüber der Umgebung? Dient die Verhaltensänderung dem lokalen Ortsbild oder verbessert sie nur die eigenen Marktchancen? Nutzt der Detailreichtum den Bewohner*innen oder treibt er nur die Baukosten in die Höhe?
Liegt die Zukunft des Bauens somit in der Vergangenheit? Diese Frage ist falsch gestellt – das zeigen die Beispiele, die wir für Sie zusammengetragen haben. Es geht um ein genaues Hinschauen und um Zusammenhänge zu erkennen; zwischen dem, was vorhanden ist, und dem, was neu hinzukommt. Es geht um ein einfühlsames Weiterbauen am Generationenprojekt Stadt!